Umgang mit Bibergalerien


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Biber legen ihre Baue direkt unter der Uferböschung an, meist in den ersten 5 m vom Gewässer entfernt. Weil viele Gewässer von Wegen und Strassen eingeengt werden kommen Biberbaue oft unter diesen Wegen zu liegen und die Wege stürzen ein. Um den sicheren Betrieb der Infrastrukturanlagen sicherzustellen müssen solche Baue entweder zugeschüttet werden (Achtung: IMMER unter Beizug der Behörden. Das Zuschütten benötigt eine kantonale Verfügung). 
Legen die Biber den Bau erneut an dieser Stelle an sollte man sich überlegen einen Kunstbau zu erstellen, der sicher befahren werden kann. 

Bibergalerien: seltene Ereignis?
Zum Teil erstellen Biber auch verzweigte Gänge mit 2-3 Bauen. In Ausnahmefällen auch lange Galerien. Im Seeland kam es zu einem Fall, der die ganze Biberfachwelt erstaunt hat. Die Lehren, die daraus gezogen werden konnten möchten wir hier vorstellen. 


Bibergalerie im Seeland
Am Grossteilekanal in der Gemeinde Ins leben seit mehreren Jahren Biber. Beim Zusammenfluss Grossteilekanal und Münzgraben hat eine Biberfamilie einen Bau unter der Flurstrasse errichtet. Dieser Bau ist mehrmals eingestürzt und der Weg musste jedes Mal saniert werden. Als die Uferböschung nach einem Einbruch des Baues zusätzlich abrutschte, wurde das Befahren des Weges zum Risiko. Um den Weg zu sichern wurde der Bau eines Kunstbaus erwogen.

Bau Biberkunstbau
Der Kunstbau wurde nur wenige Meter entfernt vom eingestürzten Biberbau erstellt, wo das Bankett des Flurwegs breiter war. Nach Fertigstellung des Kunstbaus wurde der Rückbau des mehrfach eingestürzten Biberbaus und die Wiederinstandstellung der Uferböschung in Angriff genommen.

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Fertiger Kunstbau vor dem Fluten des Kanals

Rückbau alter Biberbau und Wiederherstellung der Uferböschung
Beim Rückbau des alten Biberbaus trafen wir dann aber auf unvorhersehbare Probleme. Da der Weg bereits mehrfach eingestürzt war und im vom Gewässer abgewandten Bankett ein Loch war, gingen wir davon aus, dass der Biberbau unter dem Weg und im Bankett des Weges lag, dort wo er schon mehrfach wiederaufgefüllt wurde. Über der Maximalwasserlinie des Grossteilekanals, ca. 1,5 m unter dem Flurweg, führte ein Gang des Bibers ins Erdreich. Dieser war mit viel Holz bis auf die Gewässersohle zugedeckt und geschützt. Das ist eine Massnahme, die die Biber treffen um geschützt in den Bau zu gelangen. Die Biber stiegen also im Wasser unter dem Holzdach in den offenliegenden Gang ein. Aufgrund der vielen frischen Fussspuren war klar, dass dies der Eingang zum Bau sein musste.

Der Biberbau wurde deshalb vom Gewässer her vorsichtig geöffnet. Entgegen der Erwartung stieg der Gang jedoch nicht unter den Flurweg auf, sondern führte horizontal ins Erdreich. Unter dem noch bestehenden Weg konnten mindestens drei früher aufgefüllte Erdbaue gefunden werden. Weil im Feld selber kein Luftloch gefunden werden konnte, konnten mit dem Öffnen des Ganges nicht einfach gestoppt werden, da die Biberfamilie mit den Jungen allenfalls lebendig begraben worden wären. So musste der Gang bis zu einem besetzen Bau weiter geöffnet werden.

Was sich dann offenbarte hat die ganze Biberfachwelt erstaunt: die Biber legten in der Lehmschicht in 1,5 m Tiefe horizontal ein riesiges Gangsystem an. In einer Entfernung von 18 Metern vom Eingang der Galerie fanden wir einen ersten Bau mit einem ausgewachsenen Biber drin. Total wurden 53 Meter Bibergänge und 3 Baue freigelegt!

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Roter Kreis: Biberbau mit adultem Biber in 18 m Entfernung des Kanals. Gelbe Kreise: nicht besetzte Baue. 

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Links. Biber kommt aus dem Bau in 1,5 m Tiefe. Rechts: freigelegter Bau, in dem der Biber sich aufhielt. 

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Aufsicht der ganzen freigelegten Bibergalerie

Wie ist diese riesige Bibergalerie zu erklären?

  • In den allermeisten Fällen graben Biber vom Wasser her in die Uferböschung, steigen parallel zur Uferböschung bis unter die Oberfläche und legen da einen Bau an. Manchmal verzweigt sich der Gang und es gibt zwei Baue. diese liegen normalerweise in den ersten 5 bis max. 10 m vom Ufer entfernt, häufig direkt unter der Böschungskante.
  • Die ersten Baue, die die Biber am Grossteilekanal errichtet haben, wurden so erstellt und lagen alle unter dem Weg (aufgefüllte Baue waren noch sichtbar.
  • Nach mehrmaligem Auffüllen ist dann die Böschung abgerutscht und der Gang zum Biberbau wurde freigelegt.
  • Wahrscheinlich haben die Biber nach mehrmaligem Auffüllen ihres Baus die Strategie gewechselt und in einer Tiefe von 1,5 m horizontal immer weiter ins Ufer gegraben, bis das Raumklima stimmte.
  • Die Atemluft kam bis in den hintersten Winkel über diesen Gang, selbst 25 m vom Ufer entfernt. 
  • Der Bau konnte mit dem Eingang über Wasser genau da erstellt werden, wo Temperatur und Luftfeuchtigkeit stimmen, ein Luftloch nach oben brauchten die Biber nicht.
  • Es kommt zwar selten, aber doch regelmässig vor, dass Biber Gänge bis weit ins Erdreich graben. Eingestürzte Biberbaue in Distanzen bis 20 m vom Gewässer weg konnten im Seeland auch schon festgestellt werden.
  • Damit die Felder wieder sicher befahren werden können müssen diese Löcher aufgefüllt werden. Da die Baue jedoch geschützt sind, müssen dazu gewisse Vorsichtsmassnahen getroffen werden.
     

Empfohlenes Vorgehen in ähnlichen Fällen in Zukunft

Wenn ein Biberbau weit vom Gewässer in einem Feld einstürzt sollte aus den oben gewonnen Erfahrungen folgendermassen vorgegangen werden:

  • Beim Luftloch oder beim Einsturz den Bau oder den Bibergang öffnen, um die Lage des Baus und des Zugangstollens zu eruieren
  • sicherstellen, dass kein/e Biber im Bau/ im Gang ist/sind,
  • Bau/Gang je nach Untergrund bis auf eine Tiefe von mind. 1 m vollständig öffnen und dann das ganze Loch mit dem Aushub wieder verschliessen.
  • Bleibt der Hohlraum in dieser Tiefe, besteht je nach Untergrund keine Gefahr, dass Erntemaschinen einstürzen (im beschriebenenFall waren die Röhren in einer Tiefe von 1,5 m und der Boden darüber war stabil befahrbar).

Wenn man sich vom Bau her gegen das Gewässer vorarbeitet wird man nicht mit einer Situation konfrontiert, in der man gezwungen ist, dutzende Meter Biberröhren auszugraben:

  • Den Bibern muss nicht das ganze Gangsystem zerstört werden!
  • Hohe Ausgaben zur Wiederherstellung von Biberschäden können so vermieden werden!
  • Der Biberschutz bleibt gewährleistet.